Veranstaltungsort: Technische Universität Braunschweig
Department: Architektur
Institut: ISU Institute for Sustainable Urbanism
Gastvortrag in der Vorlesungsreihe „WORLD=CITY“, Wintersemester 2014/15
Datum: 29.Nov.14
Die Geschichte und Entwicklung der Stadt lässt sich am besten durch persönliche Erfahrungen und persönliche Eindrücke erlernen und Begreifen. Daher sind Exkursionen ein wichtiger Bestandteil der Architekturausbildung und bring die Studierenden an die wichtigsten Orte der (Architektur-) Geschichte und Orte der aktuellen wichtigen Entwicklungen.
Ein Großteil der städtebaulichen Entwicklungen einer deutschen und mit Einschränkungen auch der europäischen Stadt lässt sich aber auch in Braunschweig erfahren. Die Vorlesung stellt daher die wichtigsten städtebaulichen Epochen dar und weist auf ihre Auswirkungen in und um Braunschweig herum hin.
Mit der Entscheidung Heinrich des Löwen, Braunschweig zu seiner Residenzstadt zu machen, begann die Geschichte der Stadt Braunschweig hin zu einer wichtigen Handelsstadt im Hansebund. Die mittelalterliche Stadt lässt sich noch heute in vielen Teil der Innenstadt nachvollziehen und erleben. Traditionsinseln wie der Altstadtmarkt mit dem Altstadtrathaus oder das Magni-Viertel zeigen das Bild der historischen Stadt.
Diese Innenstadt wird noch heute von den ehemaligen Wallanlagen umgeben, die im Zuge des Schleifens zur ersten Grünanlage der Stadt umgewandelt wurden und entlang man noch heute viele öffentliche Einrichtungen wie Museen, Schulen und Parkanlagen findet.
Wie viele andere Städte boomte die Stadt Braunschweig zu Beginn der Gründerzeit ab den 1870ern und die historische Stadt platze aus allen Nähten. Daher wurde auch in Braunschweig ein Stadterweiterungsplan zur planmäßigen Stadterweiterung, der sogenannte Winterplan vorgelegt. Ein Großteil dieser Planung wurde umgesetzt und noch heute kann man u.a. im östlichen Ringgebiet die typischen gründerzeitlichen Mietshäuser, Alleen und Parks erkennen und durchschreiten.
Die Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs führte in Braunschweig zu ersten sozialen Wohnungsbauprojekten, das Siegfried-Viertel und der Bebelhof zeigen typische Entwicklungsmerkmale dieser Jahre, leider wurde der Bebelhof nach dem 2.Weltkrieg überarbeitet und erweitert und zeigt nicht mehr seine originale Form.
Mit der Machtergreifung der NSdAP wurde Braunschweig zu einem wichtigen Ort für die Entwicklung von neuen städtebaulichen Typologien für die geplante Besiedlung des Ostens. Die Südstadt zeigt ein Beispiel wie neue Orte aussehen sollten, mit einer Rückbesinnung auf die mittelalterliche Stadt und dem Wunsch nach einer Selbstversorgung auf der eigenen Scholle.
Nachdem die Stadt zum Ende des Kriegs mehrfach bombardiert worden war, waren große Teile der Innenstadt zerstört. So ergab sich die Chance, im Zuge des Wiederaufbaus neue städtebauliche Ideen umzusetzen. Prof. Johannes Göderitz und Prof. Friedrich Kraemer setzten beim Wiederaufbau konsequent auf die Idee einer gegliederten und aufgelockerten Stadt, die in Braunschweig mit den geretteten Traditionsinseln zusammen zu einer neuen Stadt werden sollte.
Die Braunschweiger Weststadt ist der Braunschweiger Beitrag zum städtebaulichen Leitbild “Urbanität durch Dichte”. Die verschiedenen Nachbarschaften zeigen die Entwicklung hin zu immer höheren und somit dichteren Wohngebieten, um wieder eine gewisse Urbanität zu erreichen. Doch konnte diese Entwicklung nicht verhindern, dass immer mehr Bürger in die Vororte zogen und sich dort, in der Braunschweiger Suburbia, ihren Traum vom Einfamilienhaus erfüllten.
Seit den späten 1990er Jahren gibt es wieder einen Drang zurück in die Stadt. In Braunschweig wird dies insbesondere im östlichen Ringgebiet deutlich. Dort wurden freiwerdende Grundstücke mit neuen Miets- und Eigentumhäusern bebaut. Das bekannteste neue Wohnprojekt ist St. Leonhards Garten.
Und auch jetzt, in Zeiten von knappem Wohnraum zeigt sich dies in Braunschweig. Immer mehr Dachstühle werden zu Wohnraum umgebaut, immer mehr Hinterhöfe werden bebaut und sorgen dafür, dass Braunschweig wächst.
In Braunschweig kann man innerhalb von 15-20min einen Großteil der städtebaulichen Geschichte erlaufen und es persönlich erleben, wie und wieso sich Stadt immer weiter entwickelt.